Eine Analyse zum Betrieb der Recyclingzentren in Luxemburg und darüber hinaus

 

Von Robert Leven – Vorsitzender der e.v. RAl-GZ 950 Rückkonsum

 

 

Wohl die wenigsten von uns konnten sich der Frage zum Plastikmüll in den letzten Wochen entziehen. Beim Müll geht es auch, aber nicht nur, um Plastik. Da ist weniger mehr.

 

In der Zwischenzeit denken wir dafür eine Lösung gefunden zu haben: Wir verbrennen den Müll. Soll das wirklich unsere Zukunft sein? Anstatt die Verbrennung als letzte Lösung zu verstehen, handeln wir nicht da nach. Damit vernichten wir viele Ressourcen anstatt sie wieder zu verwerten. Das muss sich ändem!

 

Unser Müll besteht aus vielen Rohstoffen, die es zu erhalten gilt. Für das Recycling bedeutet dies: je besser und mehr, desto besser wiederverwertbarer. Sagen wir es: Es sind Ressourcen, kein Müll! Ressourcen bestimmen den Weg zur Circular Economy.

 

Ja, es gibt erfolgreiche Entwicklungen. Superdreckskëscht, Ecotrcel, Valorlux, Bioabfall usw. und viele Recyclingzentren tragen in der Zwischenzeit dazu bei, die Rohstoffe getrennt zu sammeln und diese in die Circular Economy zurück zu führen.

 

Daraus ergibt sich ein fundamentales Bedürfnis: Das Sammeln von Ressourcen muss genormten international gültigen Qualitätsansprüchen gerecht werden. Nicht nur im Bereich der Rohstoffe und des Handlings, sondern auch als Service gegenüber dem Bürger. Denn Recyclingzentren müssen in Zukunft viel mehr sein als Sammelstellen: Informationen zur Müllreduzierung,  Events zu Umweltthemen, Second Hand Shop und Ausleihservice, Spiel-Ecken mit Anreizen für Kinder, Repair Cafe und vieles mehr.

 

Insgesamt verfügt Luxemburg über 22 feste und einige mobile Recyclingstationcn, an die 93 Prozent der Bevölkerung angeschlossen sind. Im Schnitt besucht jeder zweimal im Jahr eine solche Station. Viele Gemeinden haben in der Zwischenzeit einen guten Rccyclingwert von mehr als 55 Prozent erreicht.

 

Das klingt alles sehr positiv. Die Unterschiede zwischen diesen Recyclingstellen sind aber enorm, sowohl was die gesammelten Ressourcen angeht, als auch in Bezug zur eingerichteten Struktur. Das règlement Grand-Ducal, das für die Einrichtung eines Recyclingparks gilt, stammt aus dem Jahre 1993. Aber die Recyclingwelt hat sich weiterentwickelt und muss mit neuen Impulsen in die Zukunft schauen.

 

Ich konnte mir beim Besuch von mehreren Recyclingzentren von den sehr unterschiedlichen Funktionsweisen einen  Eindruck verschaffen. Und ehrlich gesagt, es ist alles dabei: Von sehr gut… bis geht gar nicht.

 

Voraussetzung für den Betrieb eines Recyclingcenters ist eine Überprüfung. Diese ist auch vorgesehen, aber nur im gesetzlichen Rahmen. Diese Regeln entsprechen aber nicht mehr den heutigen Bedürfnissen. Eine weitergehende Überprüfung von einem international anerkannten Standard, wie z.B. von RAL GZ950, besteht, und ist unabhängig.

 

Rccyclingcenter sind keine Müllabgabestellen und sollten auch nicht so aussehen, sonst landen wir wieder schnell in den alten Denkweisen. Es ist ein Ressourcenzentrum! Ein sauberes Umfeld und das Gebäude legen den Grundstein: ob einladend oder nicht. Ausgelaufene Farben schrecken ab und sind nicht akzeptabel. Manchmal sieht es im Gebäude aus wie in einem schäbigen Abstellraum und beim Verlassen muss man aufpassen nicht vom Laster erwischt zu werden, da die Struktur und die Besucherzeiten für den Abtransport der Container nicht aufeinander abgestimmt sind. Zuständiges Personal ist an einigen Orten so gering aufgestellt, da vergeht einem schnell die Lust mal eine Frage zu stellen. Anstatt zu recyceln, landet es dann trotzdem im Müll. Betreiberkritericn am Minimum sind zu kurzfristig gedacht. Ohne eine gute Balance zwischen Qualität und Kostenoptimiertem Betrieb kann eine Weiterentwicklung eines solchen Recyclingcenters nur schwer stattfinden.

 

Eine Überdachung ist kein Luxus, aber auch nur ein Minimum. Nur ein von Regen und Wind geschützter Raum bietet die Möglichkeit dem Bürger Hilfestellung in einem angenehmen Umfeld zu geben. Das Gesetz schreibt nur vor, dass Bedienstete über einen Raum verfügen müssen. Und der Bürger etwa nicht? Einigenorts ist man zwar vor Regen geschützt, es bläst allerdings so stark und kalt, als stünde man auf einer Bergspitze. Ohne Überdachung ist es noch schlimmer, bei strömendem Regen nur etwas für Hartgesottene. Dann ist es mit der Hilfestellung vorbei. Nur schnell abladen und weg. Die Struktur verhindert oder fördert die Beratung.

 

Ein Samstagvormittag vor dem Recyclingcenter

Stundenlang stauen die Autos bis auf die Straße hinaus. Dann mit dem Auto neben den Containern parken und abladen. Prinzipiell ist das kein Problem, aber es müssen dann auch mehrere Spuren angelegt sein. Sonst ist die Kapazität der Besucher pro Stunde zu gering. Es gibt Recyclingcentren in denen keine Warteschlangen vorhanden sind, … weil diese mit dem Ablauf der maximalen Besucherzahl besser eingestellt sind. Das ist Bürgerservice!

 

Recycling bedeutet auch, etwas länger zu gebrauchen. Mit einer kleinen Reparatur und neuen Kreationen. Einsammeln und wiederverkaufen heißt das Zauberwort.

 

Deshalb brauchen wir Recyclingshops in Luxemburg, gleich neben dem Recyclingcenter, zu sammen mit sozialen Organisationen. Wer hat den Mut und das Engagement dies bei uns in die Wege zu leiten? Liebes Umweltministerium, das wäre doch ein reizvolles und herausforderndes Projekt!

 

Wie erfolgreich ein Recyclingcenter bei den Bürgern ankommt, erkennt man schnell in dem man die Anzahl der Besuche durch die Anwohnerzahl dividiert. Der Durchschnitt liegt Landesweit bei etwa 2. Liegt dieser Faktor nur bei etwa l oder weniger, sollte man sich die Frage zur Akzeptanz schon sehr stellen. Ziel sollte ein Faktor höher als 5 sein. Das geht aber nur, wenn der Zutritt mit einer Zugangskarte organisiert ist. Das sollte so sein, ist aber nicht überall der Fall. Interessiert das denn die Betreiber nicht? Denn mit der Tonnage der Ressourcen ist es alleine nicht getan. Es geht auch um den Bürger!

 

Recycling fördern bedeutet auch anschaulich aufzuzeigen wie die gesammelten Ressourcen weiterverwendet werden. Dazu gibt es die Angabe des Produktpotentials. So sollte es sein! Ein gut informierter Bürger bekommt eine positivere Einstellung zum Recycling.

 

Die Wege zu den Recyclingzentern sind sehr unterschiedlich. Aber zumindest in Ballungsgebieten würde sich die Mühe lohnen mehrere Recyclingzentren zu betreiben und die Nähe zum Bürger zu suchen, anstatt zeitintensive Wege zu verlangen. Es besteht ein wesentlicher Unterschied darin, ob dies für 25000 oder 100000 Einwohner gilt. Bürgernähe verlangt auch eine proaktive Herangehensweise seitens der politischen Entscheidungsträger.

 

Ein Recyclingpark liegt manchmal besser am Weg oder näher in einer anderen Gemeinde. Aber der Zugang ist nicht erlaubt. Es ist an der Zeit ein national übergreifendes Konzept zu erarbeiten um dies zu ermöglichen (mit den Gemeinden!). Das wäre ein positiver Schritt für viele Bürger. Dazu brauchten wir auch ein einheitliches Verrechnungssystem. Vielleicht könnte das Syvicol in dieser Hinsicht in einer proaktiven Rolle zur Umsetzung anregen und beitragen.

 

Einige Einkaufszentren betreiben bereits Recyclingstationen und verbinden den Konsumenten neben dem Einkauf direkt damit. Aber auch hier gilt: Mit dem Aufstellen von einigen kleineren Containern ist es nicht getan. Die Beratung muss auch hier ihren Platz haben. Besonders für ländliche Gebiete ist der Kostenvorteil dieses Systems nicht zu unterschätzen.

 

Seit 2012 besteht ein Gesetz, welches das Recycling in Wohngebäuden, sagen wir mal: stark anregt. Aber die Nutzeranzahl ist, gelinde gesagt, nieder schmetternd. Ich sehe hier die Betreiber der Recyclingcenter als potentielle Akteure, es passt einfach. Aber mehr! Worauf warten wir eigentlich noch?

 

Wir brauchen deshalb weiter gehende Regeln zum Betrieb von Recyclingzentren, um die Schwachpunkte auszumerzen. Qualität und Bürgerservice fördern das Bewusstsein für Ressourcenverwertung. Ideal für die Circular Economy.

 

Recycling trägt auch zur CO2 Reduktion bei. Liebe Gemeinden, das passt in den Klimapakt.

Das Problem der Recycling Zentren besticht doch durch die sehr unterschiedlichen Ansätze.

 

Die Probleme liegen immer in dem nicht ganzheitlich angedachten und umgesetzten Konzept und Betrieb des Recyclingcenters.

 

Das EU Ziel ist sehr klar: bis 2030 muss es uns gelingen 65 Prozent der Siedlungsabfälle und 75 Prozent der Verpackungsabfälle zu recyceln.

Wir müssen es nur tun: besser, zielstrebiger, konsequenter und überprüfbar!

 

 

Analyse & Meinung – erschienen im Luxemburger Wort  in der am 13./14.. Juli 2019

 

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